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Und täglich grüßt der Judenhass

Hass ist keine Meinung

Pressemitteilung: Margaretha Rothe fragt: Und täglich grüßt der Judenhass? – Öffentliche Podiumsdiskussion vom 04.06.2019

„Ihr jungen Menschen – ihr seid die Zukunft unseres Landes. Wir haben den Stab der Erinnerung, doch in Kürze werden wir ihn an euch weitergeben. Ihr habt die Verantwortung für das künftige Miteinander in diesem Land.“

Es sind eindringliche, gewichtige Worte, welche die Überlebende der Shoa und Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, wählt. Anlässlich des 100-jährigen Geburtstags von Margaretha Rothe, Opfer des Nationalsozialismus und Namenspatronin des gleichnamigen Barmbeker Gymnasiums, fand in diesem Jahr das schulische Diskussionsformat „Margaretha Rothe fragt …“ zum Thema Antisemitismus und Judenhass statt. Die organisierenden Schülerinnen und Schüler aus einem Politik-Oberstufenkurs begrüßten hochkarätige Gäste: Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Peter Tschentscher war zugegen, Charlotte Knobloch reiste extra aus München an; der Rapper und Buchautor Ben Salomo kam ebenso aus Berlin wie der Beauftragte der Bundesregierung gegen den Antisemitismus, Dr. Felix Klein. 

Eine solch illustre Diskussionsrunde ist bei Weitem nicht selbstverständlich in einem schulischen Kontext und es ist dem Enthusiasmus des 19-köpfigen Organisationsteams zu verdanken, dass die 380 Zuschauerinnen und Zuschauer, darunter viele Hamburgerinnen und Hamburger aus dem gesamten Stadtgebiet, einen bewegenden, aber auch nachdenklich machenden Abend verleben durften: Was läuft falsch in einer Gesellschaft, in der eine absolute Minderheit einer enormen Zahl an verbalen und tätlichen Übergriffen ausgesetzt ist und in der das Kokettieren mit dem Holocaust Einzug in die Popkultur gefunden hat?

Zu Beginn leitete Malena in die mannigfaltigen Fassetten des Judenhasses ein, der sich auf gut 2000-jährigen Wurzeln gründet und sich aus ganz unterschiedlichen religiösen wie politischen Motivationen speist. Es gehört zu den bewegenden Szenen dieses Abends, wie Charlotte Knobloch ihre Hochachtung und Rührung gegenüber der 17-jährigen Schülerin zum Ausdruck gebracht hat, die solch ein umfassendes Thema – mit Unterstützung ihres Rechercheteams – auf den Punkt zusammenzufassen wusste. Vom alltäglichen Judenhass, aber auch von den Besonderheiten innerhalb der Rap-Szene berichtete Ben Salomo. Eindringlich beklagt er, dass einige deutsche Rapper nicht nur mit antisemitisch aufgeladenen Texten Geld verdienten, sondern ihnen hierfür auch noch in den einschlägigen Szenemedien Plattformen geboten würden. Felix Klein, der aufgrund seiner Warnung, sich öffentlich zum jüdischen Glauben in Deutschland zu bekennen, in letzter Zeit in der Kritik steht, verwies auf einen antisemitischen „Dammbruch“, der sich in der Mitte der Gesellschaft ergieße. Peter Tschentscher betonte zwar eine besondere religiöse Toleranz, die in Hamburg herrsche, machte aber gleichwohl darauf aufmerksam, jeglichen rechtpopulistischen Tendenzen Einhalt gebieten zu müssen. Charlotte Knobloch schließlich sieht die Lebenswirklichkeit jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger weitaus drastischer. Sie vergleicht die derzeitige gesellschaftliche Verrohung, die sie durch Hasskommentare und Volksverhetzung in den sozialen Medien verstärkt sieht, mit den Zuständen der späten Weimarer Republik.

Wie nun mit dem Antisemitismus umgehen? Felix Klein forderte, die vorhandenen Strafmaße bei politisch motivierten Straftaten in Gänze auszuschöpfen und das Verbrennen staatlicher Symbole unter Strafe zu stellen. Charlotte Knobloch appellierte, eine Gemeinschaft der Anständigen gegen den Hass zu bilden. In dieser Hinsicht setzt sie ihre Hoffnung insbesondere in die Jugend. Peter Tschentscher erachtete in dieser Richtung all diejenigen, die im Rahmen des letztjährigen Echo-Skandals ihre Preise aus Protest zurückgegeben haben, als positive Beispiele. Die unkonventionellsten Vorschläge äußerte Ben Salomo: Zuerst würde er Rap-Musik mit hetzerischen oder gewaltverherrlichenden Texten erst ab Volljährigkeit über Streaming-Dienste zugänglich machen. Dann forderte er, dass allen Schülerinnen und Schülern kostenlose Klassenaustausche nach Israel möglich gemacht werden sollten.

Trotz der Brisanz und auch der Beklommenheit, die mit dem Thema Judenhass verbunden ist, schafften es die Schülerinnen und Schüler, den Abend in wohltuender Weise hoffnungsvoll zu gestalten. Der Hass, der sich viel zu oft Bahn bricht – an diesem Abend war im Margaretha-Rothe-Gymnasium kein Platz für ihn.

Bild: v. l. n. r. Dr. Charlotte Knobloch, Dr. Felix Klein, Malena (Input-Referat), Kayla (Moderation), Ray (Moderation), Ben Salomo, Dr. Peter Tschentscher, Liam (Input-Referat)

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Thema Und täglich grüßt der Judenhass

Und täglich grüßt der Judenhass

Anlässlich des 100. Geburtstags von Margaretha Rothe, die Mitglied in dem Hamburgischem Zweig der „Weißen Rose“ und Opfer der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war, diskutieren wir in diesem Jahr in unserer Podiumsveranstaltung über den Antisemitismus im heutigen Deutschland.

Plakat zur Veranstaltung

Wir freuen uns über die hochkarätigen Gäste, die uns helfen sollen, den aktuellen Problemen auf den Grund zu gehen und Lösungsansätze zu finden. Dass rechte Gruppierungen Fremdenhass verbreiten, ist offensichtlich und bekannt. Er kommt allerdings nicht nur daher, sondern aus den verschiedensten Richtungen. Wusstest du, dass es auch linken Antisemitismus gibt? Sucht man nach den Wurzeln, so findet man sie nicht nur „rechts“ und „links“, sondern auch im Islam und im Christentum. Antisemitismus ist auch keine Erfindung der Nationalsozialisten, sondern reicht bis in die Antike zurück.                                  

Wir wollen uns in unserer Veranstaltung damit beschäftigen, wie sich der Antisemitismus im alltäglichen Leben bemerkbar macht. Warum findet er in Deutschland und Weltweit wieder verstärkt Raum? Wie können wir verhindern, dass er sich weiter ausbreitet und ein Gefühl von Angst und Ohnmacht bewirkt?

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Peter Tschentscher

Dr. Peter Tschentscher ist der amtierende Erste Bürgermeister der Freien Hansestadt Hamburg. Er wurde am 20. Januar 1966 in der Hansestadt Bremen geboren.

Als Bürgermeister der Stadt Hamburg ist er in letzter Konsequenz für Innenpolitik und den Umgang mit religiösen Gruppen verantwortlich. Die Stadt Hamburg bietet mehrere politische Vereine an, in dem auch Jugendliche sich gegen Diskriminierung von Minderheiten einsetzen können u.a. „Rassismus entgegentreten – Jugendverbände für ein solidarisches Miteinander“.

Zum Thema Antisemitismus hat sich Tschentscher bisher eindeutig geäußert:  „In Zeiten, in denen unsere Demokratie und unsere menschlichen Werte wieder in Frage gestellt werden, ist es unsere Verantwortung […] zu erinnern, wo Intoleranz und die Diskriminierung von Minderheiten hinführen.“ Auch die Bürgerschaftsfraktion der SPD setzt sich für Präventionsprogramme gegen Antisemitismus ein. 

Während der Diskussion soll herausgefunden werden, ob der Bürgermeister seinen Worten Taten folgen lässt, z. B. durch politische Programme gegen Antisemitismus oder finanziellen Hilfen. Außerdem soll die Position der Hamburger Regierungspartei SPD erörtert werden.

Bild: Ronald Sawatzki – hamburg.de

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Felix Klein

Dr. Felix Klein (geboren im Januar 1968 in Darmstadt) ist der Beauftragte der Bundesregierung gegen den Antisemitismus. Der studierte Jurist ist zwar selber nicht jüdischen Glaubens, sondern evangelischer Christ, interessiert sich aber seit seiner Kindheit für Israel und das Judentum. Als Jugendlicher flog er mit dem Schulorchester nach Israel und war begeistert von der multikulturellen Atmosphäre. Neben seiner Aufgabe ist die klassische Musik Kleins große Leidenschaft. Als Sohn eines Geigers, Hans Klein, spielt Felix Klein noch heute gerne Geige, unter anderem im „Diplomatischen Streichquartett“.

Nach seinem Jura-Studium begann Felix Klein beim Auswärtigen Amt zu arbeiten und nach Einsätzen in Kamerun und Italien, wurde Klein 2014 Sonderbeauftragter für Beziehungen zu jüdischen Organisationen und Antisemitismusfragen im Auswärtigen Amt. 2018 wurde er auf Vorschlag des Zentralrats der Juden zum ersten Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Sein Ziel ist es das Problem des Antisemitismus der Öffentlichkeit zu verdeutlichen und zu sensibilisieren.

Bild: BMI

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Charlotte Knobloch

Charlotte Knobloch gilt als die zentrale Persönlichkeit in Deutschland und darüber hinaus, wenn es um jüdisches Leben und jüdische Kultur geht. Obwohl sie persönlich die Reichspogromnacht 1938 erleben musste und sich danach jahrelang unter falscher Identität vor nationalsozialistischer Verfolgung verstecken musste, engagierte und engagiert sie sich nach wie vor massiv für das Wiedererstarken jüdischen Lebens in der BRD.

1985 wurde sie Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. 2006 wurde sie zur Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland gewählt. Dieses Amt hatte sie bis 2010 inne. Von 2005 bis 2013 war sie die Vize-Präsidentin des World Jewish Congress.

Ihr Hauptaugenmerk richtete sich dabei immer auf den Kampf gegen den Antisemitismus. Knobloch engagiert sich international in diversen ehrenamtlichen Tätigkeiten und ist Mitglied in verschiedenen jüdischen und nicht-jüdischen Organisationen. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz.

Wir sind hocherfreut, Frau Knobloch mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen zu unserem diesjährigen Thema als Teilnehmerin der Diskussion begrüßen zu dürfen.

Bildquelle: Alexander Ivanov Metteur, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Charlotte_Knobloch.jpg

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Ben Salomo

Ben Salomo ist ein 42-jähriger aus Israel stammender Rapper und Autor, der in Berlin aufgewachsen ist und die Konzertreihe „Rap am Mittwoch” gründete, welche durch prominente Teilnehmer nationale Bekanntheit erlangte und somit zu Deutschlands größter Live-Battle-Rapliga wurde.
Im Alter von vier Jahren zog Ben Salomo, der eigentlich Jonathan Kalmanovich heißt, gemeinsam mit seiner Familie nach Berlin, wo er noch heute lebt.

Schon in jungen Jahren war er Antisemitismus ausgesetzt. Besonders von türkischen oder arabischen Jugendlichen wurde er oft gemieden und diskriminiert, sobald sie herausfanden, dass er jüdisch ist. Er erlebte Gewalt und musste lernen, sich zu verteidigen. 
Die häufige Konfrontation mit Hass, Gewalt und Ausgrenzung prägt den Rapper bis heute, sodass er sich stark gegen Antisemitismus in der Pop-Kultur einsetzt. Im April 2018 beendete er die Battle-Rap Reihe „Rap am Mittwoch” und gab bekannt, aus der Rapszene auszutreten. Grund hierfür sei der Antisemitismus und der Hass auf Israel in der Pop-Kultur.

Im Februar 2019 erschien seine Biographie „Ben Salomo bedeutet Sohn des Friedens”, in der er über sein Leben und seinen teilweise traumatischen Erfahrungen als Jude in Deutschland spricht und die antisemitische Problematik Deutschlands thematisiert. Aufgrund der anwachsenden antisemitischen Tendenzen in Deutschland schließt er eine Rückkehr in sein Heimatland Israel jedoch nicht aus.

Durch sein offenes und klares Bekenntnis zum Judentum tritt Ben Salomo nicht nur antisemitischen Tendenzen im Deutschrap entgegen, sondern macht auch auf den wachsenden Antisemitismus besonders in der jüngeren Gesellschaft aufmerksam. Sein Buch wird bei unserer Veranstaltung käuflich zu erwerben sein. 

Bild: JJPhotography